Fachhochschulreife an der Berufsschule
Während einer dualen Berufsausbildung kann durch die Erfüllung bestimmter zeitlicher sowie inhaltlicher Rahmenvorgaben und einer Prüfung – zusätzlich oder in die originäre Abschlussprüfung integriert - an der Berufsschule auch das Fachabitur erworben werden. Dieses Angebot gibt es nicht an jeder Berufsschule in der Bundesrepublik Deutschland. Der Vorteil ist, dass im Vergleich zum "herkömmlichen" Weg zur Fachhochschulreife in vielen Fällen 1 Jahr an Zeit gespart werden kann.
Durch die zusätzliche Belastung – es findet in der Regel Zusatzunterricht außerhalb des regulären Berufsschulunterrichts und außerhalb der Arbeitszeit des Ausbildungsbetriebs statt (auch abends oder am Wochenende) - richtet sich die doppeltqualifizierende Ausbildung an besonders leistungsbereite und leistungsfähige "Azubis". Von einer Doppelqualifikation wird hier gesprochen, weil neben dem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf gleichzeitig auch ein höherer allgemein bildender Abschluss mit Studienberechtigung erworben werden kann: die allgemeine Fachhochschulreife.
Voraussetzungen des doppeltqualifizierenden Bildungsgangs
Gemäß der "Vereinbarung über den Erwerb der Fachhochschulreife in beruflichen Bildungsgängen" (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 05.06.1998 i.d.F. vom 09.03.2001) beträgt die Mindestdauer für doppeltqualifizierende Bildungsgänge zum ausbildungsbegleitenden Erwerb der Fachhochschulreife an der Berufsschule drei Jahre.
Voraussetzung ist zudem, dass bei Eintritt in den Bildungsgang der Berufsschule der mittlere Bildungsabschluss nachgewiesen wird, auch ein darüber hinausgehender Leistungsstand wird vereinzelt verlangt.
Rahmenvorgaben für den Unterricht an der Berufsschule
Folgende zeitliche Rahmenvorgaben müssen für die Fachhochschulreife an der Berufsschule erfüllt werden:
- Sprachlicher Bereich - 240 Stunden: Davon müssen jeweils mindestens 80 Stunden auf Muttersprachliche Kommunikation/Deutsch und auf eine Fremdsprache entfallen.
- Mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Bereich - 240 Stunden
- Gesellschaftswissenschaftlicher Bereich - mindestens 80 Stunden (einschließlich wirtschaftswissenschaftlicher Inhalte)
Diese Stunden können jeweils auch im berufsbezogenen Bereich erfüllt werden, wenn es sich um entsprechende Unterrichtsangebote handelt, die in den Lehrplänen ausgewiesen sind.
Bildungsziele und Prüfungen
Für den erfolgreichen Erwerb des Fachabiturs über den doppeltqualifizierenden Bildungsgang an der Berufsschule parallel zu einer dualen Berufsausbildung sind insgesamt folgende "Komponenten" Voraussetzung:
- erfolgreich bestandene Abschlussprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf
- Abschlusszeugnis der Berufsschule
- erfolgreiche, regelmäßige Teilnahme am FHR-Zusatzunterricht
- erfolgreich abgelegte schriftliche FHR-Prüfung in den drei Bereichen muttersprachliche Kommunikation/Deutsch (mindestens drei Stunden), Fremdsprache (mindestens 1 ½ Stunden) und mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Bereich (mindestens zwei Stunden); in die originäre Abschlussprüfung der Berufsschule integriert oder als Zusatzprüfung
Anerkennung der Fachhochschulreife
Die mit dem Ergänzungsangebot zu erwerbende Fachhochschulreife berechtigt zum Studium aller Studiengänge in allen Fachrichtungen an jeder deutschen Fachhochschule sowie gleichgestellten Hochschule und ermöglicht den Aufstieg in den gehobenen Dienst.
Folgender "Vermerk" befindet sich auf dem Zeugnis:
"Entsprechend der Vereinbarung über den Erwerb einer Fachhochschulreife in beruflichen Bildungsgängen - Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 05.06.1998 i.d.F. vom 09.03.2001 - berechtigt dieses Zeugnis in allen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland zum Studium an Fachhochschulen."
Mythos: Abgeschlossene Ausbildung = Fachhochschulreife / Fachabitur
Durch die vorangegangenen Ausführungen sollte auch soweit klar sein, dass man nur mit dem mittlerem Schulabschluss und einer anschließend abgeschlossenen Berufsausbildung nicht automatisch die Fachhochschulreife erhält. Vielmehr muss eben auch der Zusatzunterricht an der Berufsschule parallel zur dualen Berufsausbildung besucht und die Prüfung für das Fachabitur erfolgreich abgeschlossen werden! Wer dies nicht macht, muss um die Fachhochschulreife zu erlangen, noch mindestens ein weiteres Jahr Vollzeit "die Schulbank drücken", zum Beispiel an der Fachoberschule.