Fachabitur Praktikum

Der für das volle Fachabitur notwendige fachpraktische (berufsbezogene) Teil der Fachhochschulreife kann über ein Praktikum in Betrieben oder gleichwertigen Einrichtungen nachgewiesen werden. Das Fachabitur Praktikum soll Einblicke in unterschiedliche Arbeitsbereiche und -abläufe bieten und das Kennenlernen und Erproben vielfältiger Arbeitsmethoden ermöglichen.

Entweder ist das Praktikum konstitutiver Bestandteil, das heißt schulbegleitend im Bildungsgang vorgesehen zu absolvieren (gelenktes Praktikum z.B. an der Fachoberschule in Klasse 11; teilweise auch an Berufsfachschulen und baden-württembergischen Berufskollegs), oder es muss anschließend an den Erwerb des schulischen Teils der Fachhochschulreife (teilweise auch davor oder zeitgleich zulässig) absolviert werden. Je nachdem besitzt der Praktikant also während des Praktikums den Schülerstatus oder auch nicht.

Der Betrieb oder die Einrichtung für die Praktikumsstelle muss durch den zukünftigen Praktikanten selbst gesucht und sich dafür in der Regel eigenständig beworben werden.

Fachabitur Praktikum mit 800-960 Stunden (halbjährige Dauer)

Der erforderliche zeitliche Gesamtumfang für das einschlägige, gelenkte Praktikum in Betrieben oder gleichwertigen Einrichtungen (auch die Polizei und Behörden zählen dazu) in der Fachoberschule (Klassenstufe 11) beträgt bundeslandabhängig 800-960 Stunden. Das entspricht bei 40 Wochenstunden also 20 bis 24 Wochen, sprich ein halbes Jahr, auch wenn das Praktikum über das gesamte Schuljahr "gestreckt" wird.
Bei zweijährigen Bildungsgängen an Berufsfachschulen und Berufskollegs in Baden-Württemberg kann ein halbjähriges Fachabitur Praktikum (Vollzeit) verlangt werden, das auch schulbegleitend absolviert und angerechnet werden kann.

Gelenkt heißt, die Schule übernimmt die Beratung (nicht Aufsicht!) hinsichtlich der Inhalte und Durchführung. Das Praktikum soll während des gesamten Schuljahres einschließlich der Ferienzeiten durchgeführt werden, Urlaub darf nur in den Ferienzeiten genommen werden.

Einschlägig bedeutet, dass das Praktikum in einer Praktikumseinrichtung abgeleistet werden muss, die der gleichen Fachrichtung zugeordnet werden kann wie der Unterricht des berufsbezogenen Lernbereichs, an dem der Schüler teilnimmt.
Das hat am Ende aber genau wie die gewählte Fachrichtung bzw. der Schwerpunkt des Bildungsgangs an der beruflichen / berufsbildenden Schule keinen Einfluss auf die Studienberechtigung, die anschließend mit dem Zeugnis der Fachhochschulreife verbunden ist. Es handelt sich trotzdem um die allgemeine Fachhochschulreife und es kann mindestens jedwedes Studium an FHs und gleichgestellten Hochschulen aufgenommen werden.
In einigen Bundesländern ist sogar ein (eingeschränktes) Universitätsstudium mit dem Fachabitur möglich. Aufgepasst: In diesem Fall kann die Einschlägigkeit des Praktikums von Bedeutung für die Uni-Zulassung sein (z.B. in Niedersachsen, wo sich der "studierbare" Fachbereich daraus ergeben kann).

Sozialversicherungspflicht

Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist entscheidend, ob es sich bei der Ausübung eines in der Schul-, Ausbildungs- und/oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praktikums um ein Beschäftigungsverhältnis handelt.

Ein betriebliches Praktikum stellt ausnahmsweise dann keine Beschäftigung dar, wenn es aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften in die Schulausbildung eingegliedert und deshalb als Teil der schulischen Ausbildung anzusehen ist. Hiervon ist auszugehen, wenn auch die Phasen der betrieblichen Ausbildung im Wesentlichen durch die Schule geregelt und gelenkt werden und sich infolge enger Verzahnung mit der theoretischen Ausbildung als Bestandteil der Schulausbildung darstellen.

Im Rahmen einer praxisintegrierten (einphasigen) Fachschul- oder Berufsfachschulausbildung, in der ein regelmäßiger Wechsel von fachtheoretischer Ausbildung an der Fach- oder Berufsfachschule (schulische Ausbildung) und fachpraktischer Ausbildung (Zwischenpraktika) in Praxiseinrichtungen über die gesamte Ausbildungsdauer mit überwiegendem fachtheoretischen Ausbildungsanteil stattfindet, erfüllen Zwischenpraktika dann nicht die Voraussetzungen einer Beschäftigung, wenn sie als Bestandteil der Schulausbildung zu werten sind, weil die berufspraktische Ausbildung derart eng mit der durch die Schule geregelten fachtheoretischen Ausbildung verzahnt ist, dass sie als integraler Bestandteil des Besuchs der Fach- oder Berufsfachschule anzusehen ist.

Handelt es sich bei dem von Fachschülern oder Berufsfachschülern zu absolvierenden betrieblichen Zwischenpraktikum hingegen um ein Beschäftigungsverhältnis, sind die Regelungen zur Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und Arbeitslosenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V bzw. § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III aufgrund des Werkstudentenprivilegs sowie in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 3 SGB VI anwendbar.

Ein im Rahmen einer (zweiphasigen) Fachschul- oder Berufsfachschulausbildung im Anschluss an die fachtheoretische schulische Ausbildung zu absolvierendes betriebliches Praktikum, das beispielsweise der staatlichen Anerkennung der Ausbildung dient, ist nicht als Bestandteil der schulischen Ausbildung zu werten, wenn es als abtrennbarer Teil der Gesamtausbildung anzusehen ist; dementsprechend ist von einer Beschäftigung im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV auszugehen. Mit der Qualifizierung des Praktikums als betriebliche Berufsausbildung geht die Einbeziehung der Auszubildenden für diese Phase der Berufsausbildung in die Versicherungspflicht der einzelnen Zweige der Sozialversicherung einher. Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und Arbeitslosenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V bzw. § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III aufgrund des Werkstudentenprivilegs sowie in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 3 SGB VI kommt in diesen Fällen nicht in Betracht.

Die fachpraktische Ausbildung während des Bildungsgangs der Fachoberschule ist im Regelfall nicht für sich allein, sondern als Bestandteil der Gesamtausbildung an der Fachoberschule zu beurteilen, die die Klassen 11 und 12 umfasst. Im Rahmen dieser Gesamtausbildung legt die Fachoberschule die Ausgestaltung des Praktikums fest und regelt die Durchführung der fachpraktischen Ausbildung nach Maßgabe der Praktikumsbestimmungen. Das Praktikum stellt sich somit als nicht abtrennbarer Bestandteil der (Fachober-)Schulausbildung dar. Als im Wesentlichen nichtbetrieblich geprägte Ausbildungsphase ist das Praktikum daher nicht als Beschäftigung zu werten. Die Schüler der Fachoberschulen unterliegen daher (auch) während der fachpraktischen Ausbildung weder als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte noch als zur Berufsausbildung Beschäftigte der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege-, gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Einjähriges gelenktes Fachabitur Praktikum

Im Falle des Nachweises des fachpraktischen Teils des Fachabiturs, wenn der schulische Teil über die gymnasiale Oberstufe, das berufliche Gymnasium, Abendgymnasium, Kolleg, über eine gymnasiale Nichtschülerabiturprüfung oder die Abiturprüfung an der Waldorfschule erworben wurde, so ist ein mindestens einjähriges gelenktes Praktikum nachzuweisen. Das Praktikum soll im Umfang der Beschäftigung einer Vollzeitarbeitskraft entsprechen.

Anders als zum Beispiel beim schulbegleitenden Praktikum während der 11. Klassenstufe der Fachoberschule kann der Betrieb oder eine gleichwertige Einrichtung für das einjährige Praktikum freier gewählt werden, da keine Einschlägigkeit zu einer Fachrichtung oder einem Schwerpunkt erforderlich ist. Wer aber bereits ein Berufsziel oder einen bestimmten Wunschstudiengang vor Augen hat, kann und sollte das Fachabitur Praktikum nutzen, um in diesem Bereich Praxiserfahrungen zu sammeln.

Sozialversicherungspflicht

Sofern das Praktikum zur Erlangung des fachpraktischen Teils der Fachhochschulreife im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird, unterliegen die Praktikanten – unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird oder nicht – als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs. 1 SGB III). In der gesetzlichen Krankenversicherung besteht Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 1 SGB XI, wenn Arbeitsentgelt bezogen wird. Versicherungsfreiheit aufgrund Geringfügigkeit ist ausgeschlossen. Bei Ableistung des Praktikums ohne Arbeitsentgelt besteht Versicherungspflicht in der GKV nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V bzw. in der SPV nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 in Verbindung mit Satz 1 SGB XI.

Durchführung & Dokumentationspflichten

Auch wenn ein Praktikumsvertrag nicht zwingend vorgeschrieben sein sollte, ist es empfehlenswert und sinnvoll, einen solchen zu nutzen. Das Praktikum soll nach einem geregelten Praktikumsplan abgeleistet werden. Des Weiteren sind in der Regel während des Fachabitur-Praktikums durch den Praktikanten Berichte bzw. Dokumentationen über die Tätigkeiten anzufertigen. Am Ende des Praktikums ist eine Bescheinigung / ein Zeugnis durch den Betrieb, eventuell mit Beurteilung und auf Wunsch auch ein Arbeitszeugnis, auszuhändigen.

Geeignete Betriebe und gleichwertige Einrichtungen

Als für das Fachabitur Praktikum geeignet gelten in der Regel Betriebe (und gleichwertige Einrichtungen, Behörden), die eine Ausbildungsbefähigung besitzen und nachweisen können. Auch ein Auslandspraktikum könnte unter bestimmten Voraussetzungen in Frage kommen. Unter Umständen kann der Praktikumsbetrieb auch gewechselt werden.

Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Praktikum sind, dass das Praktikum auf verschiedenen Arbeitsplätzen mit verschiedenen Tätigkeiten abgeleistet werden muss, einen umfassenden Überblick über betriebliche Abläufe sowie über Inhalte einer entsprechenden Berufsausbildung vermitteln muss.

TIPP: Da mittlerweile auch einige Hochschulen praktische Erfahrungen (studiengangbezogene Vorpraktika) als Zulassungsvoraussetzung für ihre Studiengänge vorsehen, kann das Fachabitur Praktikum auch mit Hinblick auf die gleichzeitige Erfüllung dieser Zulassungsvoraussetzung absolviert werden, um sich ein weiteres zu ersparen. Daher ist es sinnvoll zu schauen, welche Anforderungen die Hochschule an ein solch anerkanntes Praktikum stellt und diese mit zu berücksichtigen sowie zu integrieren.

Die wöchentliche Arbeitszeit der Praktikanten im Betrieb und der jeweilige Urlaubsanspruch bestimmen sich nach den gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen sowie nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (bei Jugendlichen unter 18 Jahren).

Fachabitur Praktikum Bezahlung (Mindestlohn)

Das Praktikum zur Erlangung des berufsbezogenen Teils der Fachhochschulreife ist ein aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung verpflichtendes Praktikum in Sachen des § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Mindestlohngesetzes. Praktikanten, die ein Fachabitur Praktikum absolvieren, haben demnach keinen Anspruch auf Gewährung des Mindestlohns. Wer ein Fachabitur Praktikum absolviert, das unter § 26 BBiG fällt, hat jedoch einen Anspruch auf angemessene Vergütung (§ 17 BBiG).

Gleichgestellte Tätigkeiten und anrechenbare Dienste

Es kann sein, dass dem Fachabitur Praktikum die mindestens einjährige kontinuierliche Teilnahme an einer Berufsausbildung gleichgestellt ist. Und auch abgeleistete Dienste (freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, Wehr- oder Zivildienst sowie der Bundesfreiwilligendienst) von unter einem Jahr Dauer können auf die Dauer eines gelenkten Praktikums angerechnet werden.